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Aufstickung

Aufstickung ist ein Prozess aus der Werkstofftechnik und bezeichnet die Anreicherung von metallischen Werkstoffen mit Stickstoff. Dies kann ähnlich wie bei der Aufkohlung gezielt mittels einer Wärmebehandlung des Stahls oder ungewollt als eine Form der Hochtemperaturkorrosion erfolgen.

Die gezielte Aufstickung eines Stahls im Zuge einer Wärmebehandlung wird auch als Nitrieren bezeichnet. Dabei werden die Stähle in einem Härteofen einer stickstoffhaltigen Atmosphäre bei erhöhten Temperaturen ausgesetzt. Die Glühtemperaturen liegen meist in einem Bereich von 500 bis 590 Grad Celsius. Als Aufstickungsmedium findet vor allem Ammoniakgas bei dem sogenannten Gasnitrieren Anwendung. Zusätzlich wird das Nitrieren auch in flüssige Salzschmelzen, dem sogenannten Badnitrieren, oder in Form von Plasmanitrieren durchgeführt. Bei dem Plasmanitrieren wird ein Gemisch aus Stickstoff und Wasserstoff in einem Vakuumofen ionisiert. Das bedeutet, dem Gasgemisch wird so viel Energie zugeführt, dass Elektronen aus den Atomhüllen herausgeschlagen werden. Da das Plasma eine extrem hohe energetische Wirkung besitzt, kann die Temperatur beim Plasmanitrieren im Vergleich zu den anderen Verfahren deutlich abgesenkt werden. Die Arbeitstemperatur beim Plasmanitrieren liegt somit in einem Bereich von etwa 350 bis 590 °C.

Unabhängig vom Aufstickungsmedium dringt der Stickstoff durch Diffusion in den Randbereich der Werkstücke ein und verbindet sich mit den Legierungselementen des Stahls. Dadurch entstehen sehr harte und verschleißfeste Randschichten, wohingegen der Kern des Werkstückes weiterhin eine hohe Zähigkeit, d. h. Duktilität, aufweist. Durch die Kombination einer harten Oberfläche und eines weichen Kerns, weisen nitrierte Stähle einen sehr hohen Widerstand gegenüber dynamischer Belastung auf und verfügen somit über eine hohe Lebensdauer. Dies wird z. B. bei Zahnrädern, Nockenwellen oder Werkzeugen angewendet.

Sowohl das Nitrieren als auch das Einsatzhärten, welches eine Form der Aufkohlung darstellt, sind Wärmebehandlungsverfahren zur Erzeugung einer harten Randschicht. Der Vorteil des Nitrierens liegt dabei in der niedrigeren Arbeitstemperatur dieses Verfahrens. Dadurch sind die durch Temperatur hervorgerufenen Werkstückverformungen geringer als beim Einsatzhärten. Das Nitrieren hat allerdings den Nachteil, dass die erzeugten Randschichtdicken geringer sind und die Ausbildung der Nitrierschichten nicht so gezielt gesteuert werden können. Zur Beeinflussung der Randschicht können die Werkstücke auch in einem Gasgemisch aus Stickstoff und Kohlenstoff geglüht werden. Dieses Verfahren wird als Carbonitrieren bezeichnet.

Die Aufstickung kann auch als unerwünschter Effekt bei der Hochtemperaturkorrosion von Bauteilen in stickstoffhaltigen Atmosphären bei hohen Temperaturen auftreten. Betroffen sind hiervon besonders Werkstoffe die in stickstoffhaltigen Rauchgasen oder bei der Ammoniaksynthese sowie der Herstellung von Melamin eingesetzt werden. In Abhängigkeit von der Temperatur, der Gaszusammensetzung und Werkstoffzusammensetzung kann der Stickstoff durch Diffusion in das Metall gelangen. Unterschieden wird hierbei zwischen der inneren Nitrierung sowie dem eher seltenen Fall der Nitriddeckschichtbildung. Die Bildung von Nitriddeckschichten tritt z. B. bei sehr chromhaltigen Stählen in reinem Ammoniakgas bereits bei Temperaturen oberhalb von etwa 300 °C auf. Dabei bilden sich Deckschichten aus Chromnitrid an der Werkstoffoberfläche aus, welche bei mechanischer oder thermischer Beanspruchung leicht abplatzen können. Durch die ständige Neubildung dieser Deckschichten kommt es dabei zu einem starken Materialabtrag und damit verbundenen Schäden. Bei der häufiger auftretenden inneren Nitrierung kommt es zur Diffusion von Stickstoff in das Werkstoffinnere, wo dieser eine Gefügeveränderung des Metalls hervorruft. Dadurch kann es zu einer Versprödung des Werkstoffes und in weiterer Folge zu Schäden in Bauteilen sowie Anlagen kommen.

Die ungewollte Aufstickung von Werkstoffen im Einsatz muss durch eine gezielte Werkstoffauswahl vermieden werden, um die Dauerhaftigkeit von Maschinen und Anlagen zu gewährleisten. Hierbei ist der Einsatz von Hochtemperaturwerkstoffen mit einer erhöhten Beständigkeit gegenüber Aufstickung notwendig. Die Beständigkeit gegenüber Hochtemperaturkorrosion kann gegebenenfalls mittels einer zusätzlichen Hochtemperatur-Korrosionsschutzschicht weiter verbessert werden. Durch gezielte legierungstechnische Maßnahmen lässt sich einer Schädigung von Hochtemperaturwerkstoffen vorbeugen und somit die Energieeffizienz von Anlagen steigern.

Englische Übersetzung(en):

nitriding

Ontologie