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Materialermüdung

Die Materialermüdung ist eine fortschreitende Werkstoffschädigung infolge einer sich ständig wiederholenden gleichen oder ähnlichen Belastung. Dabei ist die Intensität der Belastung in der Regel nicht ausreichend, um zu einem Versagen in einem einzelnen Belastungsschritt zu führen. Erst die ständige Wiederholung führt dazu, dass der Werkstoff bei deutlich geringeren Lasten als unter statischer Beanspruchung versagt.

Bei der Materialermüdung handelt es sich um einen Sammelbegriff, der folgende Werkstoffschädigungen zusammenfasst:

  • Mechanische Ermüdung
  • Thermische Ermüdung
  • Mechanisch-thermische Ermüdung
  • Korrosionsermüdung

Mechanische Ermüdung

Die mechanische Ermüdung ist eine Werkstoffschädigung infolge einer zyklischen Beanspruchung bei niedrigen Temperaturen. Die Temperaturen sind dabei so niedrig, dass das Kriechen der Werkstoffe keine Rolle spielt. Bei metallischen Werkstoffen ist die homologe Temperatur somit kleiner als 0,4. Durch die dynamische Belastung kommt es zur Rissbildung und Rissausbreitung in den Werkstoffen, wodurch die Lebensdauer von Bauteilen und Anlagen verringert werden kann. Die Temperatur ist dabei während der Beanspruchung weitestgehend konstant. Die Werkstoffeigenschaften für derartige Belastungen werden im sogenannten Wöhlerversuch ermittelt, dessen Ergebnis die Wöhlerlinie ist. Anhand der Wöhlerlinie werden charakteristische Werkstoffkennwerte, z. B. die Dauerfestigkeit, ermittelt.

Die mechanische Ermüdung stellt beispielsweise bei Windkraftanlagen ein Problem dar. Diese Anlagen müssen während ihrer Lebensdauer häufig etwa 107 bis 108 Lastwechsel erdulden, was bei manchen Werkstoffen die Grenze der Leistungsfähigkeit darstellt. Zusätzlich treten bei Windkraftanlagen häufig unvorhergesehene Windturbulenzen auf, welche bei der Planung der Anlage nur schwer zu berücksichtigen sind.

Thermische Ermüdung

Die thermische Ermüdung bezeichnet eine Werkstoffschädigung infolge von zeitlich veränderlichen Temperaturen ohne mechanische Belastungen. Die thermische Ermüdung ist umso ausgeprägter, je höher die Temperaturdifferenz ist und je schneller die Temperaturänderung erfolgt. Dabei verursachen die Temperaturänderungen Veränderungen in den Bauteilabmessungen, welche als thermische Dehnungen bezeichnet werden. Sind Bauteile fest eingespannt können diese thermischen Dehnungen behindert werden. Eine sogenannte Dehnungsbehinderung kann auch durch eine ungleichmäßige Temperaturverteilung über den Bauteilquerschnitt hervorgerufen werden. Dehnungsbehinderungen führen zu Spannungen in den Bauteilen, welche als thermische Spannungen oder Wärmespannungen bezeichnet werden. Diese Spannungen können Risse in den Bauteilen hervorrufen und diese somit schädigen.

Ein Sonderfall der thermischen Ermüdung ist der sogenannte Thermoschock, bei dem oftmals eine einzige Temperaturänderung zur Werkstoffschädigung führt. Betroffen hiervon sind besonders spröde Werkstoffe, d. h. Werkstoffe mit niedriger Duktilität, wie beispielsweise Glas oder Keramik. Zusätzlich ist auch eine niedrige Wärmeleitfähigkeit der Materialien für eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Thermoschock verantwortlich. In duktilen metallischen Werkstoffen und Legierungen können ebenfalls Risse infolge von Thermoschock entstehen. Ursachen hierfür sind meist hohe Temperaturdifferenzen, welche beispielsweise bei den Einschaltvorgängen oder Abschaltvorgängen von Anlagen auftreten können, wenn diese Anlagen deutlich oberhalb der Umgebungstemperatur betrieben werden.

Mechanisch-thermische Ermüdung

Die mechanisch-thermische Ermüdung, bezeichnet eine Werkstoffschädigung bei wechselnden thermischen und mechanischen Belastungen. Durch die hohen Temperaturen können in den Werkstoffen auch Kriechvorgänge auftreten, welche bei der Bauteilauslegung berücksichtigt werden müssen. Zusätzlich hat bei dieser Form der Ermüdung auch die Beanspruchungsfrequenz, d. h. die Häufigkeit der Beanspruchungsänderung, einen großen Einfluss. Anders als bei rein mechanischer Ermüdung zeigen die Werkstoffe aufgrund der erhöhten Temperaturbelastung keine ausgeprägte Dauerfestigkeit. Es können also auch bei niedrigen Spannungsamplituden und einer hohen Anzahl von Lastwechsel Werkstoffschädigungen auftreten.

Eine Vielzahl von Komponenten in technischen Anlagen unterliegen einer derartigen Beanspruchungskombination. Anfällig sind hierfür beispielsweise Komponenten in Verbrennungsmotoren sowie in Gasturbinen oder Dampfturbinen. Mit dem Ziel den Wirkungsgrad dieser Anlagen zu erhöhen, werden diese bei immer höheren Betriebstemperaturen betrieben. Dadurch unterliegen die eingesetzten Hochtemperaturwerkstoffe immer höheren Belastungen, wodurch die Anforderungen an diese Werkstoffe steigen.

Korrosionsermüdung

Die Korrosionsermüdung, auch Schwingungsrisskorrosion bezeichnet, ist eine Werkstoffschädigung infolge einer dynamischen Belastung bei gleichzeitig auftretender Korrosion. Durch die zusätzliche korrosive Belastung kann die Schädigung von Bauteilen und Anlagen im Vergleich zur mechanischen Ermüdung verstärkt werden.

Betroffen hiervon sind beispielsweise dynamisch beanspruchte Bauteil in der chemischen Industrie, in Kraftwerken, in der Schifffahrt, in der Fahrzeugtechnik oder der Luftfahrt. Ebenfalls betroffen sind Geothermieanlagen, welche in heißem Thermalwasser mit hohem Salzgehalt betrieben werden.

Nur durch eine gezielte Werkstoffwahl unter Berücksichtigung der Betriebsbedingungen können Beeinträchtigungen an Bauteilen und Anlagen infolge einer Materialermüdung verhindert werden. Besonders bei der Auslegung von sicherheitsrelevanten Bauteilen dürfen die ermüdungsbedingten Veränderungen der Werkstoffe nicht vernachlässigt werden, da es sonst katastrophale Schäden die Folge sein können.

Synonym(e):

Ermüdung, Werkstoffermüdung

Englische Übersetzung(en):

material fatigue

Ontologie