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Kriechen

Unter Kriechen, auch Retardation bezeichnet, versteht man eine zeitabhängige Zunahme der plastischen, d. h. dauerhaften Verformung bei konstanter Last. Die durch Kriechen hervorgerufenen plastischen Dehnungen treten bei metallischen Werkstoffen, wie z. B. Stahl, aber auch Kunststoffen, Beton, Keramiken und Holz auf. Bei diesen Werkstoffen müssen die durch Kriechen hervorgerufenen Formänderungen prinzipiell bei der Bauteilauslegung berücksichtigt werden.

Abhängig vom Werkstoff wird Kriechen durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. zum Beispiel wird Kriechen im Beton meist durch Gefügeumwandlungen und Umlagerung von Wasser ausgelöst. Metallische Werkstoffe und Keramiken neigen meist als Folge eines thermisch aktivierten Vorganges, der auf einer zunehmenden Beweglichkeit der Atome bei steigender Temperatur beruht, zum Kriechen. Bei metallischen Werkstoffen und Keramiken muss bei erhöhten Temperaturen mit Kriechdehnungen im technisch bedeutsamen Ausmaß gerechnet werden. Diese Temperatur liegt vor, wenn das Verhältnis der vorherrschenden Einsatztemperatur und der Schmelztemperatur der Werkstoffe, ausgedrückt in Kelvin, einen Wert von näherungsweise 0,4 überschreitet. Das Verhältnis von Einsatztemperatur zur Schmelztemperatur wird auch als homologe Temperatur bezeichnet. Kunststoffe können bereits bei Raumtemperatur zum Kriechen neigen.

Das Kriechverhalten von Werkstoffen wird anhand des Zeitstandversuches ermittelt, bei dem ein Werkstoff bei einer definierten Temperatur einer konstanten Belastung ausgesetzt wird. Dabei wird die Verlängerung, d. h. die Dehnung, ebenso wie die Zeit bis zum Bruch der Probe gemessen. Anhand dieses Versuches wird auch die sogenannte Zeitstandfestigkeit ermittelt. Die Prüfbedingungen sind werkstoffabhängig und in den unterschiedlichen Normen, z. B. DIN EN ISO 204 für metallische Werkstoffe und DIN EN ISO 899 für Kunststoffe, geregelt. Metallische Werkstoffe zeigen in etwa ein Kriechverhalten wie in der folgenden Abbildung dargestellt.

Kriechkurve
Abb. 1: Zeitabhängiges Kriechen unterteilt in Kriechbereiche

Die Kriechkurve lässt sich dabei in 3 Bereiche unterteilen. Bereich 1 wird als primäres Kriechen bezeichnet. In diesem Bereich nimmt die plastische Dehnung zu Beginn recht schnell und später langsamer zu. Die Dehngeschwindigkeit nimmt somit rasch ab.

Der Bereich 2 wird als stationäres oder sekundäres Kriechen bezeichnet. In diesem Bereich ändert sich die plastische Dehnung linear mit der Beanspruchungszeit und die Dehngeschwindigkeit ist relativ konstant.

Der Bereich 3 wird als tertiärer Kriechbereich bezeichnet und umfasst nur mehr einen geringen Abschnitt der Lebensdauer eines Bauteiles. In diesem Stadium treten massive Werkstoffschädigungen auf, welche schließlich zum Versagen des Bauteiles führen.

Synonym(e):

Retardation

Englische Übersetzung(en):

creeping

Ontologie