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Gefügestabilität

Die Gefügestabilität ist eine Materialeigenschaft und bezeichnet generell den Widerstand einer metallischen Legierung gegenüber äußeren Einwirkungen. Bei diesen Einwirkungen handelt es sich meist um erhöhte Temperaturen oder um mechanische Belastungen, die zu einer Veränderung der Werkstoffstruktur führen können.

Metallische Legierungen, z. B. Stahl, bestehen aus einer Vielzahl von einzelnen Kristallen, welche als Körner bezeichnet werden. Jedes Korn entsteht durch regelmäßig angeordnete Atome oder Atomgruppen. Allerdings ist die Atomanordnung in den in der Natur vorkommenden oder technisch hergestellten Materialien niemals perfekt, sondern durch Fehler im Metallaufbau gekennzeichnet. Diese Fehler werden als Gitterfehler bezeichnet und sind in allen Körnern vorhanden. Die mikroskopisch kleinen Körner unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Korngröße sowie Kornform und sind in den Werkstoffen unterschiedlich verteilt. Die aus vielen Körnern bestehende Struktur wird als Gefüge oder Mikrostruktur bezeichnet. Das Gefüge und auch die Gitterfehler bestimmen maßgeblich die Eigenschaften der Werkstoffe.

Bei nicht ausreichend hoher Gefügestabilität der Metalle kann es durch den Einfluss von mechanischen Belastungen oder erhöhten Temperaturen zu Veränderungen im Gefüge kommen. Diese Gefügeveränderungen können bewusst bei der Werkstoffherstellung ausgenutzt werden oder während des Einsatzes unerwünscht auftreten.

Beispielsweise nimmt durch eine Verformung der Metalle bei niedrigen Temperaturen die Anzahl der Gitterfehler zu und die einzelnen Körner werden in die Länge gestreckt, was zu einer Steigerung der Zugfestigkeit führt. Aus diesem Grund wird dieser Vorgang auch als Kaltverfestigung bezeichnet. Zusätzlich zur Veränderung der mechanischen Eigenschaften kann es bei der Kaltverfestigung auch zu Änderungen der physikalischen Werkstoffeigenschaften, z. B. Wärmeleitfähigkeit oder elektrischer Widerstand, kommen. Ebenso kann es durch die Einwirkung von hohen Temperaturen, d. h. wenn die homologe Temperatur größer als etwa 0,4 ist, bei metallischen Werkstoffen zu Gefügeveränderungen kommen. Grund hierfür ist die Diffusion von Metallatomen im Werkstoffinneren. Bei den temperaturbedingten Gefügeveränderungen handelt es sich meist um Erhohlung, Rekristallisation, Ausscheidungsvorgänge und Kornvergröberung.

Bei der Erhohlung werden die durch Kaltverfestigung eingebrachten Gitterfehler reduziert, wobei die Korngröße und Kornform im Wesentlichen erhalten bleibt. Dieser Vorgang führt zu einem Abbau der inneren Spannungen im Werkstoff und somit zu einer Reduzierung der mechanischen Festigkeit. Zusätzlich werden auch die durch die Kaltverfestigung verursachten Änderungen der physikalischen Eigenschaften wieder rückgängig gemacht.

Durch Rekristallisation werden sämtliche bei der Kaltverfestigung verursachten Gitterfehler abgebaut und es kommt zu einer Neubildung des Gefüges. Das dabei entstehende Gefüge weist nur mehr eine ähnliche Anzahl von Gitterfehlern wie vor der Kaltverfestigung auf und auch die Kornform ist ähnlich wie bei dem Ausgangszustand.

Ein Ausscheidungsvorgang führt zu einer Umwandlung einzelner Körner oder Kornbereiche, wobei sich die chemische Zusammensetzung und die Struktur der Ausscheidung von der Ausgangsphase unterscheiden. Durch die Bildung von Ausscheidungen können die mechanischen Festigkeiten gesteigert werden, weshalb diese Vorgänge auch als Ausscheidungshärtung bezeichnet werden.

Bei der Kornvergröberung wachsen die etwas größeren Körner im Gefüge weiter, wobei zeitgleich die etwas kleineren Körner schrumpfen. Somit bildet sich ein Gefüge mit vorwiegend großen Körnern aus. Als Folge nehmen die mechanische Festigkeiten und auch die Duktilität ab.

Erholung, Rekristallisation und Ausscheidungshärtung können gezielt bei der Werkstoffherstellung ausgenutzt werden, um gewünschte Materialeigenschaften zu erreichen. Sie können aber auch ungewollt bei dem Einsatz von Werkstoffen unter erhöhten Temperaturen auftreten. Im Unterschied dazu ist die Kornvergröberung meist ein ungewollter Prozess.

Besonders Hochtemperaturwerkstoffe sind zahlreichen thermischen und mechanischen Belastungen ausgesetzt und müssen deshalb eine hohe Gefügestabilität aufweisen, damit die Eigenschaften dieser Werkstoffe dauerhaft erhalten bleiben. Werkstoffe mit einer geringen Gefügestabiltät neigen oftmals zum Kriechen, wodurch Schäden an Bauteilen oder Anlagen hervorgerufen werden können. Diese Schäden können den Wirkungsgrad von Maschinen reduzieren oder deren Lebensdauer verkürzen.

Englische Übersetzung(en):

structural stability, stability of microstructure

Ontologie