Zuletzt besuchte Seiten: CO2-Nutzung

CO2-Nutzung

Die CO2-Emissionen stationärer Quellen wie Kohlekraftwerke lassen sich massiv nur durch CO2-Abscheidung und –Speicherung (CCS) senken. CCS wird daher als die Hauptlösung großtechnischer CO2-Emissionen angesehen.

Eine Teillösung zur Reduzierung der CO2-Emissionen wird in den verschiedenen Möglichkeiten zur stofflichen Nutzung von CO2 gesehen. Die CO2-Nutzung wird auch als Carbon Capture and Utilization (CCU) bzw. als Carbon Capture and Reuse (CCR) bezeichnet. CO2 kann sowohl physikalisch, chemisch als auch biologisch genutzt werden.

Aus klimaspezifischer Sicht ist die physikalische Nutzung von CO2 z. B. als Kältemittel oder Schutzgas am wenigsten attraktiv, da sie in fast allen Fällen mit einer Freisetzung des CO2 in relativ kurzen Zeiträumen verbunden ist. Auch bei der chemischen CO2-Nutzung wird das CO2 in manchen Fällen nur kurz gebunden. Dies gilt z. B. für das derzeit größte chemische CO2-Nutzungsfeld, die Harnstoffproduktion zur Düngemittelerzeugung, bei der nach der Düngemittelausbringung das CO2 wieder freigesetzt wird.

Die stoffliche Nutzung von CO2 beträgt derzeit weltweit etwa 130 Mio. t pro Jahr. Davon werden etwa 110 Mio. t als Chemierohstoff und 20 Mio t als Industriegas eingesetzt. Dies entspricht weniger als 0,5 Prozent der weltweiten anthropogenen Emission von CO2. Das derzeit eingesetzte CO2 stammt zum größten Teil aus chemischen Syntheseprozessen. Weitere CO2-Quellen sind Raffinerieprozesse sowie die Erdgasaufbereitung.

In Deutschland werden Schätzungsweise etwa 0,75 Mio. t CO2 jährlich stofflich genutzt. Gemessen an den derzeitigen nationalen CO2-Emissionen beträgt der Anteil weniger als 0,1 Prozent.

Das Potenzial der chemischen Verwertungsoptionen von CO2 wird auf einen einstelligen prozentualen Anteil der anfallenden CO2-Emissionen geschätzt.

Als chemische CO2-Nutzungsoptionen werden u. a. der Einbau von CO2 in Polymere, die Hydrierung von CO2, die elektrokatalytische Aktivierung von CO2 sowie die photokatalytische Aktivierung von CO2 diskutiert. Für die technische Realisierung dieser CO2-basierten Prozesse ist der Einsatz von Katalysatoren erforderlich.

CO2 lässt sich aber auch für die Methanisierung von Wasserstoff einsetzen. Die Methanisierung von Wasserstoff bietet die Möglichkeit, überschüssigen Strom in Erdgas umzuwandeln, auch Power-to-Gas genannt. Der Strom wird mithilfe der Wasserelektrolyse zunächst in Wasserstoff umgewandelt. In einem sogenannten Sabatier-Prozess wird dann aus CO2 und Wasserstoff (H2) Methan (CH4) erzeugt. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas.

Eine biologische CO2-Nutzungsmöglichkeit ist, Kohlendioxid z. B. zum Wachstum von Algen einzusetzen. Mit Hilfe von Mikroalgen ist es möglich, über Photosynthese CO2 zu binden und diese in Biomasse umzuwandeln. Die erzeugte Biomasse kann energetisch genutzt oder z. B. in Biodiesel umgewandelt werden.

Die CO2-Nutzung zur Algenproduktion wurde im Rahmen von zwei nationalen Forschungsprojekten untersucht:

  • Im Rahmen des Forschungsprojekts TERM wurde auf einer Fläche von einem Hektar eine Versuchsanlage zur großtechnischen Produktion von Mikroalgen in Betrieb genommen. Die Anlage wurde von der E.ON Hanse AG sowie mit Fördermitteln des BMBF finanziert. Das CO2 stammt aus einem Blockheizkraftwerk.
  • In einer zweiten von der RWE Power AG finanzierten Versuchsanlage wurde die Algenproduktion mit Rauchgasen untersucht. Die Anlage wurde in unmittelbarer Nähe des Braunkohlekraftwerks Niederaußem errichtet. Das benötigte CO2 stammt aus dem Kraftwerk und wurde über eine 750 m lange Rauchgasleitung den Bioreaktoren zugeführt. Es konnte gezeigt werden, dass Mikroalgen mit Rauchgasen aus dem Kraftwerk ebenso gut wachsen wie mit reinem CO2. Eine Abtrennung von CO2 aus dem Rauchgas ist nicht notwendig.

Für die Bewertung der Klimarelevanz der stofflichen Nutzung von CO2 sind folgende Aspekte von Bedeutung:

  • Die Dauer der CO2-Fixierung in Produkten. Nutzungsmöglichkeiten mit kurzer Fixierung haben nur dann eine Bedeutung, wenn sie sich sehr schnell und sehr oft wiederholen.
  • Der Reinheitsgrad des CO2-Stroms. Mit steigenden Anforderungen an den Reinheitsgrad wird die Abscheidung von CO2 energetisch aufwendiger und teurer.
  • Die chemische Fixierung von CO2 erfordert Energie. Dies kann ggfs. Mehremissionen an CO2 verursachen. Eine Bewertung der stofflichen Nutzung von CO2 erfordert daher produktbezogene vollständige Energie- und CO2-Bilanzen.

Aus klimaspezifischer Sicht erscheint die CO2-Nutzung für Polymeranwendungen besonders attraktiv zu sein, da der Fixierungszeitraum hier am höchsten ist. Zudem besteht ein großer Nachfragemarkt mit einer entsprechend großen CO2-Fixierungsmenge.

In der folgenden Tabelle ist für die wichtigsten Möglichkeiten der CO2-Nutzung der aktuelle Stand der Technik sowie der mögliche F&E-Bedarf aufgezeigt.

Tab. 1: Übersicht über verschiedene CO2-Nutzungsoptionen
Option Synthese von Polymeren Synthese von Kraftstoffen Synthese von Chemikalien Produktion von Mikroalgen Künstliche Photosynthese
Mengenpotenzial Polycarbonate 50kt CO2/a max. 2,05 Gt CO2/a max. 178 Mt CO2/a Begrenzt duch Flächenbedarf Unbekannt
Beispiele Polycarbonate z. B. Methanolprodukte z. B. Harnstoffsynthese Unbekannt
Energetischer Aufwand Prozessabhängig Hoch Prozessabhängig Solarer Energieeintrag u. Prozessenergie Solarer Energieeintrag u. Prozessenergie
Gesamte CO2-Bilanz Abhängig vom Verfahren im Vergleich zum Referenzprozess Nettoemission, falls kein H2 aus regenerativen Quellen Abhängig vom Verfahren im Vergleich zum Referenzprozess Nettoemission Unbekannt
Kosten Referenz: Existierender technischer Prozess Konventionelle Kraftstoffe Referenz: Existierender technischer Prozess 0,4-2,50 €/t Algenbiomasse Unbekannt
Stand der Technik Technisch realisierte Beispiele Teilschritte großtechnisch im Einsatz Technisch realisierte Beispiele Raceway, Ponds, Algen Photobioreaktoren Grundlagenforschung
Wertschöpfung Polymere Kraftstoffe Chemikalien Wertstoffe, Kraftstoffe, Biogas Chemikalien
Zeithorizont Entwicklung Teilschritte in Anwendung Vereinzelte Anwendung Vereinzelte Anwendung Unbekannt
Forschungsbedarf Reaktionsrouten entwickeln, intelligente Synthese hochenergetischer Reaktionspartner, Marktfähigkeit von Produkten, LCA Katalyse, LCA Dream Reactions, Katalyse, mögliche Reaktionsrouten, LCA Taxometrisches Screening, Downstream-Verfahren, Bioraffinerie, LCA Photokatalytische Aktivierung von CO2, Wasserspaltung, LCA

Begriffssynonyme:

  • Synonym für CO2-Nutzung: CO2-Verwertung
  • Synonym für CCU: Carbon Capture and Utilization
  • Synonym für CCR: Carbon Capture and Reuse
  • Synonym für TERM: Technologien zur Erschließung der Ressource Mikroalgen

Begriffserläuterung:

  • Der Begriff anthropogen bezeichnet alles durch den Menschen Entstandene, Verursachte, Hergestellte oder Beeinflusste.
Ontologie