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Zugversuch

Bei dem Zugversuch handelt es sich um ein genormtes Prüfverfahren zur Bestimmung charakteristischer Werkstoffkennwerte.

In dem Versuch werden Proben mit definierten Abmessungen unter konstanter Verformungsgeschwindigkeit in einer Zugprüfmaschine bis zum Bruch gedehnt. Die Prüfbedingungen sind abhängig von dem Werkstoff und sind in den jeweiligen Normen geregelt. Während des Versuches werden die Zugkraft und die Längenänderung der Probe laufend erfasst. Wird die Zugkraft durch den Ausgangsquerschnitt der Probe vor Versuchsbeginn dividiert, ergibt dies die Zugspannung σ mit der Einheit N/mm². Die Dehnung ε mit der Einheit Prozent wird ermittelt, indem die Längenänderung durch die Ausgangslänge der Probe dividiert wird. Werden Spannung und Dehnung in einem Diagramm dargestellt, ergibt dies das sogenannte technische Spannungs-Dehnungs-Diagramm für einen Werkstoff.

Anhand des Spannungs-Dehnungs-Diagramms werden charakteristische Materialkennwerte bestimmt. In Abbildung 1 ist ein typisches Spannungs-Dehnungs-Diagramm für einen Stahl, in diesem Fall für einen Baustahl, dargestellt.

Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Abb. 1: Spannungs-Dehnungs-Diagramm eines Stahls mit ausgeprägter Streckgrenze und Bezeichnung wichtiger Werkstoffkennwerte

Zu Beginn des Versuches folgt die Kurve einem linearen Verlauf, der sogenannten Hookeschen Geraden, die durch die Gesetzmäßigkeit σ=E*ε definiert ist. Die Spannung σ ist in diesem Bereich also ein Produkt aus dem Elastizitätsmodul E und der Dehnung ε. Die aufgebrachte Verformung ist in diesem linear-elastischen Bereich reversible, d. h. sie wird bei Entlastung der Probe wieder vollständig abgebaut.

Erfolgt der Übergang vom elastischen in den plastischen Bereich mit einer Zunahme der Dehnung ohne Zunahme der Spannung, wird die zughörige Spannung als Streckgrenze Re bezeichnet. Dies ist in Abbildung 1 anhand des gezackten, nahezu horizontalen Kurvenverlaufes ersichtlich, der als Fließbereich oder ausgeprägte Streckgrenze bezeichnet wird. Hierbei wird die ober Streckgrenze ReH und die untere Streckgrenze ReL unterschieden. Oftmals ist in der Literatur oder in Werkstoffdatenblättern nur ein Wert für die Streckgrenze angegeben, wobei es sich normalerweise um die obere Streckgrenze handelt, die auch für die konstruktive Auslegung von Bauteilen von großer Bedeutung ist. Anschließend an den Fließbereich folgt die Verfestigung des Stahls, wo die Spannung und auch die plastische Dehnung zunehmen.

Die maximale Spannung die ein Werkstoff aufnehmen kann, wird als Zugfestigkeit Rm bezeichnet. Bis zum Erreichen der Zugfestigkeit erfährt der Werkstoff eine gleichmäßige Verformung über die gesamte Länge. Die zugehörige Dehnung bei der Zugfestigkeit, also die plastische Dehnung bei Höchstkraft, wird mit Ag bezeichnet. Diese Dehnung wird oftmals noch als Gleichmaßdehnung bezeichnet, obwohl der Begriff in den neuen Normen nicht mehr verwendet wird.

Bei einer Überschreitung der Zugfestigkeit kommt es zu einer deutlichen Querschnittsabnahme der Probe an einer bestimmten Stelle, was als Einschnürung bezeichnet wird. Die Spannung im Versuch nimmt nun scheinbar wieder ab. Dies liegt allerdings nur daran, dass der Querschnitt deutlich abnimmt, die Spannung allerdings anhand des Ausgangquerschnittes berechnet wird. Schließlich erfolgt der Bruch der Probe und die zugehörige Dehnung wird als Bruchdehnung A bezeichnet, die oftmals als ein Maß für die Duktilität herangezogen wird. Sowohl bei Ag als auch bei A wird der elastische Dehnungsanteil nicht eingerechnet, weshalb die gedachten Linien bei Ag und A parallel zur Hookeschen Geraden verlaufen.

Die meisten Werkstoffe weisen allerdings keine ausgeprägte Streckgrenze wie in Abbildung 1 auf, daher wird bei diesen eine Ersatzstreckgrenze, die sogenannte 0,2 Prozent-Dehngrenze Rp0,2, definiert. Dies ist jene Spannung, bei er nach Entlastung eine bleibende Dehnung von ε=0,2 Prozent gemessen wird. In Abbildung 2 ist ein Spannungs-Dehnungs-Diagramm ohne ausgeprägte Streckgrenze dargestellt. Ein derartiges Materialverhalten ist typisch für hochfeste Werkstoffe, wie z. B. Spannstähle.

Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Abb. 2: Spannungs-Dehnungs-Diagramm eines Werkstoffes ohne ausgeprägter Streckgrenze

Synonym(e):

Zugprüfung

Englische Übersetzung(en):

tensile test

Ontologie