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Bilanzkreis

Wegen der Nichtspeicherbarkeit elektrischer Energie müssen sich die Erzeugung und der Verbrauch in einem Stromversorgungsnetz stets in einem Gleichgewicht befinden. Dies bedeutet, dass die Energiemenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt wird, zum selben Zeitpunkt eingespeist werden muss. Um dieses Gleichgewicht abrechnungstechnisch zu kontrollieren, werden in der Elektrizitätswirtschaft die Abweichungen über eine Viertelstunde saldiert. Ein Stromlieferant muss deswegen für jede Viertelstunde die Energiemenge beschaffen, die er an seine Kunden verkauft.

Zu diesem Zweck werden so genannte Bilanzkreise geführt. Vereinfacht dargestellt sind Bilanzkreise virtuelle Gebilde, die als Energiekonten zu verstehen sind. In ihnen werden alle Einspeisestellen und Entnahmestellen sowie Fahrplanlieferungen saldiert. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 1 visualisiert. Die sich daraus ergebenden Abweichungen werden vom Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ausgeglichen und dem Bilanzkreisverantwortlichen, der die wirtschaftliche Verantwortung des Bilanzkreises trägt, ex post in Rechnung gestellt. Das Bilanzkreissaldo (BK-Saldo) errechnet sich demnach aus der Summe aller Einspeisungen und Importe abzüglich der Summe aller Lasten und Exporte.

Bilanzkreis
Abb.1: Bilanzierung in einem Bilanzkreis

Einem Bilanzkreis können mehrere Sub-Bilanzkreise zugeordnet werden, deren Abweichungen dann zunächst in den übergeordneten Bilanzkreis gebucht werden. Eine weitere Besonderheit sind reine Handelsbilanzkreise, denen keine Einspeisestellen oder Entnahmestellen zugeordnet sind. Diese Bilanzkreise müssen immer ausgeglichen sein.

Das Zusammenfassen von mehreren Entnahmestellen innerhalb von Bilanzkreisen ermöglicht eine genauere Lastprognose und damit eine Reduzierung der Abweichungen zwischen den Einspeisungen und Entnahmen. Durch diese Prognosen versucht der Bilanzkreisverantwortliche den Bilanzkreis in jeder Viertelstunde möglichst auszugleichen. Insbesondere im Zuge von unvermeidbaren Prognoseungenauigkeiten entstehen dennoch Bilanzabweichungen, die durch Ausgleichsenergie aus anderen Bilanzkreisen ausgeglichen werden. Der Ausgleich dieser Abweichungen wird dem Bilanzkreisverantwortlichen in Rechnung gestellt bzw. vergütet. Die Höhe der Rechnung bzw. Vergütung ist vom Zustand des Bilanzkreises und dem Ausgleichsenergiepreis abhängig. Die Abrechnung erfolgt auf Basis der Kosten, die dem ÜNB durch den Einsatz von Regelenergie entstehen. Die Bilanzkreise, in denen ein Überschuss besteht, gleichen die fehlende Einspeisung in anderen Bilanzkreisen, in denen ein Defizit besteht, aus. Somit ergibt sich die Ausgleichsenergie aus der Durchmischung aller Bilanzkreise innerhalb des Netzgebietes eines ÜNB. Erst wenn die Summe aller Bilanzkreise eines ÜNBs ein Defizit bzw. einen Überschuss aufweisen, wird durch den ÜNB Regelenergie eingesetzt.

Alle Akteure, die am Stromhandel teilnehmen wollen, müssen entweder einen eigenen Bilanzkreis bilden oder zumindest einem fremden Bilanzkreis angehören. Jeder Bilanzkreis erhält von dem ÜNB einen Energy Identification Code (EIC), der eine eindeutige Kennzeichnung aller Marktakteure erlaubt. Bilanzkreise sind auf Regelzonen beschränkt, so dass ein Bilanzkreisverantwortlicher für einen regelzonenübergreifenden Stromhandel in jeder dieser Regelzonen mindestens einen Bilanzkreis führen muss.

Der ÜNB übernimmt die Rolle des Bilanzkoordinators, der alle für die Abrechnung der Bilanzkreise notwendigen Daten zusammenführt und daraus die Bilanzabweichungen ermittelt. Zwischen Bilanzkreisverantwortlichem und Bilanzkoordinator wird ein Bilanzkreisvertrag abgeschlossen. Gegenstand des Vertrags ist die Führung und Abwicklung eines Bilanzkreises. Dazu gehört beispielsweise auch die Mitteilung von Fahrplänen des Bilanzkreises an den Bilanzkoordinator. Fahrpläne sind geplante Einspeisungen und Entnahmen zwischen Bilanzkreisen, die in Viertelstundenwerten angegeben werden. Solche Austauschfahrpläne werden von den beteiligten Bilanzkreisen dem jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber übermittelt. Betreiber von Übertragungsnetzen sind berechtigt, Bilanzkreisverantwortliche dazu zu verpflichten, ihnen die Fahrpläne mitzuteilen.

Verteilnetzbetreiber, an deren Verteilnetz mehr als 100.000 Netznutzer angeschlossen sind, sind verpflichtet einen Verlustbilanzkreis und einen Differenzbilanzkreis zu führen. Der Verlustbilanzkreis umfasst ausschließlich den Ausgleich von Verlustenergie. Verlustenergie entsteht zum Beispiel durch Übertragungsverluste wie Leitungsverluste oder Wärmeverluste der Transformatoren. Die Verteilnetzbetreiber sind dazu verpflichtet die Verlustenergie in einem marktorientierten, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu beschaffen. Dabei sind Ausschreibungsverfahren durchzuführen, soweit nicht wesentliche Gründe entgegenstehen. Ein wesentlicher Grund kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Kosten der Ausschreibungsverfahren in einem unangemessenen Verhältnis zu deren Nutzen stehen.

Im Gegensatz zu den Verlustbilanzkreisen, in denen die rein physikalischen Netzverluste bilanziert werden, werden in Differenzbilanzkreisen alle Energiedifferenzen bilanziert, die zwischen den prognostizierten und den tatsächlichen Energieentnahmen der Standardlastprofilkunden entstehen.

Synonym(e):

BK

Englische Übersetzung(en):

balancing roup

Ontologie