Energieeffizienz in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen

Die Industrie ist mit einem Anteil von rund 29 Prozent am Endenergieverbrauch der größte Energieverbraucher in Deutschland. Auf den Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen entfallen rund 15 Prozent. Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit sind immer stärker mit dem Thema Energieeffizienz verknüpft. Für eine erfolgreiche Energiewende sowohl in der Industrie als auch im Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungssektor müssen sämtliche Energieeffizienzpotenziale systematisch ausgeschöpft werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert Forschung und Entwicklung an energieeffizienten und ressourcenschonenden Technologien in der Breite beider Sektoren und stärkt damit die Position Deutschlands im internationalen Wettbewerb.

Fördermittel für Energieeffizienz in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen

Förderschwerpunkte und wissenschaftliche Fortschritte

Mit einem Anteil von rund zwei Dritteln am industriellen Gesamtendenergieverbrauch ist die Abwärme das unter Effizienzaspekten mit Abstand wichtigste Forschungsthema in der Industrie. Mehreren Studien zufolge liegt das Abwärmepotenzial in Deutschland zwischen etwa 88 und 260 Terawattstunden pro Jahr. Diese Abwärme kann direkt als Wärme genutzt oder in den Prozess zurückgeführt werden. Wird sie in Strom gewandelt, könnten konventionelle Kohlekraftwerke durch eine CO2-freie Stromquelle ersetzt werden. Das zeigt die energiewirtschaftliche Relevanz des Themas. Das BMWi hat im Forschungsnetzwerk Energie in Industrie und Gewerbe alle Aktivitäten einer effektiven und effizienten Forschung zu diesem Schlüsselthema im Forschungsfeld Abwärme gebündelt. Auch die Schwerpunkte Tribologie, Fertigungstechnik, Hochtemperatursupraleitung, Eisen und Stahl sowie chemische Verfahrenstechnik sind in eigenen Forschungsfeldern zusammengefasst.

In den insgesamt sieben Forschungsfeldern ermöglicht das BMWi unter dem Dach des Forschungsnetzwerks Energie in Industrie und Gewerbe einen wissenschaftlichen Austausch, langfristige Forschungskooperationen sowie programmatische Weiterentwicklungen. Schlüsselthemen aus Forschung und Entwicklung in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen können über mehrere Jahre gebündelt, aber auch Nischenthemen über das Netzwerk abgebildet werden.

Im Forschungsvorhaben EniGlas haben Forscherinnen und Forscher ein innovatives Schmelzkonzept für Spezialglas entwickelt. Die wichtigste Erkenntnis: Zur weiteren Effizienzsteigerung muss der heute im Wesentlichen in einem durchgängigen Schmelzwannenbecken ablaufende Prozess in möglichst unabhängige Teilschritte zerlegt werden und dann bei jedem Teilschritt der Energieeintrag individuell optimiert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Erkenntnisse aus EniGlas, auch auf die Herstellung von Kalk-Natron-Gläsern, also Massengläsern der Hohl- und Flachglasindustrie, übertragbar sein werden.

Für den Sektor Industrie rückt in Zukunft die digitalisierte Produktion zunehmend in den Mittelpunkt. Sie kann eine hohe Transparenz herstellen und Prozesse, auch in Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen, flexibel steuern.

An der Technischen Universität in Darmstadt erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungsvorhaben PHI-Factory wie eine energieeffiziente und -flexible Fabrik das Stromnetz entlasten kann. Sie entwickeln neue Lösungen, mit denen Fabriken Energie zeitvariabel beziehen und sich an die aktuelle Netzkapazität anpassen können. Ziel ist eine flexible elektrische Fabriknetzführung, die es möglich macht, sowohl den Energieeinsatz entsprechend den Anforderungen zukünftiger Verteilnetze mit hohen Anteilen regenerativer Energien zu steuern sowie systemübergreifend die Energieeffizienz zu steigern. Neben der Verschiebung von Lasten entwickelt und untersucht das Forscherteam Maßnahmen, wie die Netzqualität verbessert und dezentrale Erzeuger- und Speichersysteme in das Energiemanagement eingebunden werden können.

Systemübergreifende Lösungen müssen in Forschung und Entwicklung für komplexe Prozesse weiterentwickelt werden. Simulation und tieferes wissenschaftliches Verständnis können manche Versuchsreihen ablösen, sodass neue Verfahren, näher am energetischen Optimum, schneller und kostengünstiger gefunden werden können.

Die Chancen der Digitalisierung in der Industrie zeigt auch das Kopernikus-Projekt SynErgie auf. Hier arbeiten Unternehmen, Forschungseinrichtungen und zivilgesellschaftliche Akteure gemeinsam an der Flexibilisierung von Industrieprozessen. Durch eine gezielte Produktionssteuerung wird der Energiebedarf der Betriebe an die schwankende Erzeugung aus erneuerbaren Quellen angepasst. Mit Hilfe geeigneter IKT verläuft diese Steuerung automatisiert und an den Bedürfnissen der Unternehmen und des Strommarktes ausgerichtet. Dies führt zu einer Stabilisierung des Stromnetzes, einer Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien und zu neuen Geschäftsmodellen für energieintensive Unternehmen.

Projektförderung

Im Schwerpunkt Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen hat das BMWi im Jahr 2017 434 laufende Vorhaben mit rund 44,59 Millionen Euro gefördert. 2017 hat das Ministerium zudem 130 Forschungsprojekte mit einem Fördermittelansatz von rund 55,03 Millionen Euro neu bewilligt (vgl. Abb.).